Queenstown – Stadt der Adrenalinsüchtigen. Der Ruf eilt ihr voraus. Nix für uns – wir haben ja schließlich ein Kind. Doch schon während der Anfahrt überzeugt Queenstown auch landschaftlich und es kommt ein gewisses Herr-der-Ringe-Feeling auf. Wir beschließen also, ein paar Tage zu bleiben.
Es ist Mittwoch Morgen. Nach einem gemütlichen Frühstück, stellt sich nun die Frage: was machen wir heute? Mit der Gondel hoch auf Bob’s Peak? Ein Ausflug zum Coronet-Peak? Oder doch eher die Stadt erkunden?
Irgendwie schwirrt in einer der hintersten Ecken meines Kopfes noch eine andere Idee herum und drängt sich nun langsam in den Vordergrund. Ich denke laut, man könnte ja auch mal Bungy springen – muss man doch mal gemacht haben, oder? Schließlich ist Queenstown ja die Mutter des Bungy und hier gab es auch noch nie einen Unfall.
Begeisterungsstürme bei meinen Mädels sehen anders aus.
Ich google sicherheitshalber noch einmal, ob es bisher auch wirklich keine Unfälle gab und bekomme glücklicherweise keine Treffer. Die Familie ist immer noch nicht überzeugt. Einen Trumpf habe ich noch, denn Orlando Bloom hat es ja schließlich auch gemacht – und überlebt. Das scheint zumindest etwas zu zählen.
Mit dem sorgenvollen Okay von Antje in der Tasche (Sophie war immer noch nicht überzeugt, aber sie kennt ja auch nicht Orlando) gilt es nun, Nägel mit Köpfen zu machen. Ich entscheide mich für das Original – die Geburtsstätte des kommerziellen Bungy, die Kawarau-Bridge (da kann die Familie bequem zuschauen), buche online ein Sprungfenster in anderthalb Stunden und wir setzen uns ins Auto und fahren die 20 Minuten zum Ort des Geschehens.
Endlich angekommen, geht es gleich zur nächstbesten Aussichtsplattform, um den Sprungwilligen zuzuschauen. Bei vielen scheint es ebenfalls der erste Sprung zu sein. So gibt es nicht wenige, die sich am Rand der Platform stehend entscheiden, doch nicht zu springen. Andere bekommen beim Absprung Angst und springen mit den Füßen voran, was dann zu einer unsanften Pendelbewegung führt, sobald das Seil Zug bekommt. So möchte ich es auf jeden Fall nicht machen.
Ich gehe lieber schon ein wenig früher zur Anmeldung, damit es vor meinem Spung nicht hektisch wird. Außerdem kann ich dann in Ruhe noch einmal zur Toilette gehen, bevor es los geht. Während der Anmeldung wird man gewogen und bekommt sein Gewicht sowie seine Startnummer auf die Unterarme geschrieben.
Mir schwirrt dabei die ganze Zeit die Cliff-Werbung aus Jugendtagen durch den Kopf. Ja, das wäre cool. Ich bin mir nur nicht sicher, ob ich es mir traue, wirklich so abzuspringen.
Am Ende der Anmeldung gibt es dann eine kleine Überraschung. Man hat gerade einen Spot frei und ich kann sofort auf die Brücke. Ok – dann wird es wohl nichts mehr mit der Toilette. Hat aber auch seine Vorteile, denn viel Zeit zum Nachdenken bleibt nicht mehr.
Ich verabschiede mich also von der Familie, verspreche, dass ich auf mich aufpasse und gehe zur Brücke. Hier heisst es noch einmal Anstehen und warten. Es wird nochmals das Gewicht gecheckt und ein kleines „Interview“ vor der Kamera geführt. Ein bisschen Smalltalk mit den anderen Freiwilligen verkürzt das Warten ebenfalls. Schließlich bin auch ich an der Reihe.
Ich setzte mich also in die Nische neben der Sprungplattform. Während der Mitarbeiter mich fragt, wie es mir geht, woher ich komme, ob es mein erster Spung ist usw., wird mir ein Handtuch um die Beine und um dieses herum dann mehrfach ein Gurtband mit Schlaufe gewickelt, in das dann die Karabiner vom Sprungseil sowie der Sicherheitsleine eingehakt werden. Aha, so funktioniert das also.
Anschließend möchte der Mitarbeiter noch wissen, ob ich ins Wasser eintauchen möchte. Klar möchte ich. Wenn schon, denn schon. Wie weit denn, fragt er. Bis zum Kopf ist meine Antwort. Dafür gibt es noch ein paar Tipps zur Eintauchhaltung. Dann wäre ja alles geklärt.
Jetzt verlieren die Jungs keine Zeit, es wird einem aufgeholfen und man wird motiviert, zügig zur Kante der Sprungplattform zu hoppeln. Wahrscheinlich, damit man es sich nicht wieder anders überlegt. Der Blick nach unten ist auf jeden Fall kein schlechter – den Cliff-Sprung streiche ich innerlich schon mal. Dann heißt es, nach vorne zur Kamera winken, nach links zur Kamera winken, fünf, vier, drei, zwei, eins, Sprung!
In der ersten Sekunde denke ich: Ach du scheiße, bekomme aber keinen Ton raus. Dann merke ich, wie das Seil spannt und erinnere mich an die gerade erhaltenen Tipps zum Eintauchen – Arme vor, Kopf auf die Brust – und dann klatscht es auch schon. Im nächsten Moment geht es mit jeder Menge Wasser in der Nase und den Augen wieder nach oben und die Anspannung bricht sich nun doch in einem Jubelschrei Bahn. Vermutlich ist auch jede Menge Adrenalin mit bei.
Nachdem ich unten vom Boot mittels Stange wieder eingesammelt wurde, geht es euphorisch zur auf der Aussichtsplattform wartenden Familie zurück. Ein Blick auf meine komplett durchnässten Klamotten verrät mir, dass man es wohl nicht ganz so ernst genommen hat mit der gewünschten Eintauchtiefe. Naja, wie sagt man so schön…EGAL! Das Adrenalin zirkuliert noch in meinem Körper und ich fühle mich gerade wie der King of Queens(town).
Besonders Sophie ist froh, mich wieder zu sehen und erteilt mir gleich ein Verbot, so etwas noch einmal zu machen. Ich verspreche es ihr natürlich.
Im Nachgang kann man sich noch entscheiden, ob und in welchem Umfang man Video- und Fotomaterial erwerben möchte. Ich glaube, hier geht keiner, ohne etwas zu kaufen. Ich entscheide mich für Foto und Video, so kann ich an dieser Stelle auch alles noch einmal in Bewegtbildern zeigen :-).
Würde ich es wieder tun (wenn ich nicht das Gegenteil versprochen hätte)? Ja! Das Gefühl, von der Brücke zu springen, ist schwer zu beschreiben aber auf jeden Fall unglaublich intensiv.
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