Nach der Metropole Tokio und dem kleinen Abstecher zum Fuji-san soll es nun ein wenig ruhiger weitergehen. Unsere Route führt uns in die japanischen Alpen, durch dichte Wälder und ruhige Bergdörfer, in denen die Zeit irgendwie stehen geblieben ist. Nach Nagano, dem Austragungsort der Olympischen Winterspiele 1998, fahren wir weiter durch den Chubu-Sangaku Nationalpark nach Takayama. Über die historischen Dörfer von Shirakawa-Go wollen wir in Kanazawa am Japanischen Meer stehen.
Matsumoto = Matschumoto?
Wir erreichen Matsumoto, das „Tor zu Japans Nordalpen“ mit seiner berühmten „Krähenburg“ bereits im Regen. Irgendwie haben wir das nasse Wetter vom Fuji-san mit uns mitgenommen. Es regnet in Strömen und aus dem kleinen Städtchen Matsumoto wird für uns im Verlauf des Tages spaßhaft Matschumoto. Die Krähenburg, die unserem Reiseführer folgend nach der „Burg des weißen Reihers“ (Himeji) die zweitschönste ganz Japans sein soll, sehen wir leider nur in Regenjacken. Es regnet wortwörtlich Bindfäden. Am Eingang des geschichtsträchtigen Holzbaus aus der Edo-Zeit müssen sämtliche nasse Kleidungsstücke in Tüten verpackt und beim Burgrundgang mitgeschleppt werden – ein mühsames Unterfangen, da die Burg fast ausschließlich nach oben gebaut ist und man sich über unzählige extrem schmale und sehr steile Holztreppen bis nach ganz oben zwängen muss. Man bekommt hierbei ein gutes Gefühl für die Körpergröße der damaligen Erbauer und Bewohner. Die Krähenburg: eine typische „Flachlandburg“, die durch Ihre Höhe und den umlaufenden Wassergraben in der Ebene bestmöglich vor Angriffen geschützt sein sollte.
Nagano – 1998 und dann?
Nagano – den Austragungsort der Olympischen Winterspiele 1998 – wollten wir unbedingt sehen und haben hierfür sogar einen kleinen Umweg in Kauf genommen. Allerdings hatten wir wahrscheinlich eine etwas zu verklärte Vorstellung von einem Olympia-Skiort. Nagano ist kein gemütliches Bergstädtchen in malerischer Kulisse mit rustikalen Skiholzhütten an den Hängen, sondern eine sehr, sehr schlichte und riesige Industriestadt in einem noch viel größeren, flachen Talkessel. Wir konnten der Stadt leider keinerlei optische Highlights abgewinnen und sind daher sehr schnell die wenigen Stationen „abgefahren“, die heute noch an das damalige Groß-Event erinnern sollen. Leider sind auch diese mittlerweile sehr in die Jahre gekommen und verfallen zusehens.
Wunderschönes Takayama
Als für uns schönsten Ort in den japanischen Alpen stellte sich Takayama heraus. Als Hochburg der Sake-Brauerei besticht die kleine Stadt durch einen wunderschönen Stadtkern mit Straßenzügen aus alten, dunkelbraunen Holzhäusern und vielerlei Ständen mit Kunsthandwerk, Sake oder Teevarianten. Insbesondere die morgendlichen Straßenmärkte im Zentrum laden zum Bummeln ein. Wir haben Sake verkostet, sind auf den Märkten am Vormittag ins japanische Straßengeschnatter eingetaucht und haben festgestellt, dass auch kleine Bergstädchen in Japan ihren ganz eigenen, bezaubernden Charme haben.
Die historischen Dörfer von Shirakawa-go und Gokayama
Noch viel traditioneller geht es in den alt-japanischen Dörfern Shirakawa-Go und Gokayama zu. Shirakawa-Go ist hierbei zwar wahrscheinlich das „vermarkteste“ Dorf, aber für einen kleinen Abstecher zurück in die Zeit der reetgedeckten Bauernhäuser und Landwirtschaft in Handarbeit lohnt sich die Fahrt. Wir kommen uns vor, wie in der Zeit weit zurückgereist. Welch ein Kontrast zu Tokio…
Kanazawa am Japanischen Meer
Na ja, Kanazawa ist eine völlig unspektakuläre Stadt. Gefreut haben wir uns eigentlich wieder auf das Meer nach den vielen Tagen in den Bergen. Doch die Küste um Kanazawa, Präfektur Ishikawa, ist ernüchternd. Unansehnliche Wellenbrecher aus Beton, undefinierbare Zuflüsse unbekannter Herkunft aus dem Inland und für japanische Verhältnisse schockierend viel Müll… hier handelt es sich ganz sicher nicht um Badestrände. Wir sind ziemlich enttäuscht, hatten wir uns den Strand am Japansichen Meer mit Blick Richtung Süd- und Nordkorea doch weitaus idylischer vorgstellt. Wir bleiben lediglich eine Nacht und brechen schnell auf nach Süden, in die Präfektur Fukui, weiter in Richtung Großraum Kyoto, Nara, Osaka…
Fazit Japanische Alpen:
Man fährt durch unerwartet dichte und tiefe Wälder, in denen einem mitunter über lange Zeit kein Auto eingegen kommt. Auf manch einsamen Campingplätzen haben „die Mädels“ ihr Veto eingelegt, da wir hier „allein im Wald“ nicht stehenbleiben wollten. Wir sind sehr angetan von diesem doch viel ruhigeren und einsameren Teil Honshus. Wirklich riesige Mischwälder, in denen tatsächlich Bären leben sollen, wunderschöne Täler und Schluchten mit teils reißenden Flüssen und Dörfer, in denen die Zeit weitaus langsamer zu laufen scheint, als in den hochmodernen Metropolen. Wer eine Auszeit von der Bevölkerungsdichte und der Medienüberflutung in den japansichen Großstädten braucht, ist hier genau richtig…
Schreibe einen Kommentar