Nach Tonga gekommen sind wir eigentlich einzig und allein, um uns einen langersehnten Traum zu erfüllen. Tonga ist eine der wenigen Stellen auf der Welt, an denen man mit Buckelwalen zwischen August und Anfang Oktober frei im Ozean schwimmen kann. Wie wir beide wohl schon als Kinder gesagt hätten: „Wale sind einfach die tollsten Tiere überhaupt!“ und hieran hat sich seither für uns auch nichts verändert. Aus den Fressrevieren nahe der Antarktis kommend, verbringen verschiedene Humpback-Whale-Populationen einige Wochen in den warmen Gebieten der Südsee, um hier ihre Kälber zu bekommen und soweit aufzuziehen, dass sie stark und groß genug sind, um die Reise wieder Richtung Antarktis anzutreten.
Die Boote, die zu den Walen aufbrechen, sind sehr klein. Mitgenommen werden in der Regel nicht mehr als 8 Schwimmer. Inklusive Crew und Guide befinden sich somit meist nur 10 oder 11 Leute auf dem Boot. Geschwommen wird – so unserer Erfahrung nach – in Gruppen von nicht mehr als 5 Leuten (4 Gäste und der Guide). Auch darf sich immer nur ein Boot dem Wal bzw. der Walgruppe nähern und Schwimmer ins Wasser lassen. Dies ist hier so vorgegeben, um die Wale nicht zu stören. Auf Ha’apai ist dies in der Regel jedoch nie ein Problem gewesen, da das Schwimmen mit Walen – wie uns berichtet wurde – weniger vermarktet wird als beispielsweise auf Vava’u.
Was muss man über das Schwimmen mit Walen wissen?
Da wir den Tauchschein haben und auch bereits vor ein paar Jahren in Westaustralien mit Walhaien im Ozean geschwommen sind, waren uns ein paar Regeln bereits bekannt. Sobald die Wale auftauchen, das Boot nah genug herangefahren ist und die Situation sicher erscheint, lässt man sich sehr vorsichtig an einer Bootsseite ins Wasser rutschen. Auch beim Heranschwimmen an die Tiere sollte ein Platschen mit den Flossen unbedingt vermieden werden, da die Wale ansonsten sehr schnell wegschwimmen oder einfach in größere Tiefen abtauchen. Die Flossen sind somit zwingend unter Wasser zu halten.
Sollte ein „Protector-Whale“ die Walmutter und das Kalb begleiten, ist allgemein mehr Vorsicht geboten. Ein Protector-Whale kann ein älteres Weibchen sein, das gerade keinen Nachwuchs hat oder ein männlicher Wal, der bereits um die Walkuh „buhlt“. Hierbei wird es insbesondere interessant, wenn ein weiteres Männchen dazukommt und anfängt, die Gruppe zu jagen. Die Crew wird die Situation insoweit immer im Vorfeld beobachten und die Sicherheit einschätzen. Es bleibt letztlich allerdings allein die Entscheidung der Wale, ob und wie lange sie Schwimmer neben sich dulden und in welcher Intensität sie das Zusammentreffen mit Menschen tolerieren.
Wir sind startklar…
Am 09.08.2019 war es endlich soweit. Mit 3mm-Neoprenanzügen, Schnorchel, Masken, Flossen und GoPro equiped, stiegen wir 8.30 Uhr morgens mit unserer Crew an Bord eines hochseetauglichen Schlauchbootes und fuhren los. Geplant waren 2 Tage à 6 Stunden auf dem Ozean. Manchmal ist es so, dass man Stunden nach Walen sucht, manchmal tauchen die ersten Tiere aber auch bereits nach wenigen Minuten auf. Jeder an Bord ist gehalten, nach Flossen, „Blows“ (Wasserfontaine beim Auftauchen) oder „Breaches“ (springender Wal) Ausschau zu halten.
Am ersten Tag hatten wir Glück und es ging tatsächlich recht schnell. Nach etwa 30 Minuten tauchte die erste Walgruppe auf und unser Skipper steuerte das Boot langsam auf sie zu. Wir müssen an dieser Stelle einräumen, dass wir uns selbst in diesem Moment noch nicht wirklich vorstellen konnten, neben diesen Riesen gleich in den Ozean zu rutschen. Für Sophie hatten wir eine Kinderschwimmweste bereits von zu Hause aus mitgebracht und die Crew stellte zusätzlich ein Liferescue-Float – ein rotes, längliches Schwimmkissen zum Festhalten – das sich der Guide an einer langen Leine um die Schultern band und unsere Tochter so durch die Wellen zog. Leider hatten wir bei der ersten Gruppe nicht ganz so viel Glück. Der die Mutterkuh begleitende Protector-Whale gab den Ton an und schwamm samt Mutter und Kalb davon, als wir uns schwimmend der Gruppe näherten. Oft ist es daher so, dass man größere Strecken schwimmend im Ozean zurücklegen muss, ohne letztlich belohnt zu werden, denn mit „ziehenden“ Walen kann kein Schwimmer mithalten.
Am ersten Tag war das Meer zudem etwas unruhig, die Sonne oft durch Wolken verdeckt und die Sicht unter Wasser etwas limitierter. Nichts desto trotz wurden wir mit zwei tollen Wal-Begegnungen belohnt. Als wir uns einer Gruppe – wieder bestehend aus Walmutter, Kalb und Protector-Whale näherten – „hingen“ alle 3 wie schlafend im Wasser. Erst erkennt man nur dunkle Schatten unter Wasser, dann die Umrisse bis man realisiert, dass gerade 2 riesige Buckelwale unter einem im Wasser schlafen.
Als wir herangeschwommen waren, schwamm zunächst das Baby an uns vorbei zur Oberfläche, dann tauchte die Walmutter nach oben. Sie steuerte so zielstrebig auf uns zu, dass der Guide uns ein wenig nervös „go back, go back!“ zurief. Na ja, schwer umzusetzen, schneller rückwärts zu schwimmen, als ein ausgewachsener Buckelwal auf einen zusteuert.
Aber natürlich drehte die Walkuh vor uns ab und schwamm genau an uns vorbei. Das Beeindruckende hierbei war, dass sie uns beim Vorbeischwimmen lange musterte. Völlig verrückt, wenn man mit einem Buckelwal sekundenlang Blicke austauscht!
Am 10.08.2019 fuhren wir dann das zweite Mal raus aufs Meer. Die Crew war – bis auf den Skipper – dieselbe. Unser australischer Guide Simon sollte am Ende des Tages sagen, es war ein „10 out of 10“. Er selbst hatte einen solchen Tag wohl sehr selten erlebt: ein unglaublich ruhiger, türkisblauer Ozean, kein Wind, Sonne satt, super Sicht unter Wasser und unendlich viele Wale um uns herum. Wir sind in den 6 Stunden auf dem Wasser minutenlang mit mehreren Gruppen geschwommen. Eine Walgruppe war so stationär, dass sich unsere beiden Schwimmgruppen mehrfach abwechseln konnten und wir sogar unser Mittagessen an Bord zwischen die Schwimmeinheiten legen konnten und die Wale danach immer noch da waren.
Einfach nur verrückt und das wohl Beeindruckendste, das wir je gemacht haben! Wir sind immer noch hin und weg und derzeit wohl die größten „Wal-Fans“ auf dem Planeten.
Es ist eben wirklich ein bisschen wie fliegen … mit Riesen…
Unser Video findet ihr hier.
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